Rede zum Haushalt 2024 von Ralf Milde

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Das ist doch ein wenig ungewohnt, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

für mich war in den vergangenen fast 20 Jahren die Verabschiedung des Haushalts immer auch mit einem Versprechen auf ein gemeinsames Abendessen und der fröhlichen Verabschiedung in die Weihnachtsferien verbunden. Diesmal fällt die Verabschiedung des Haushalts 2024 gewissermaßen in die närrische Zeit! Dass wir so spät dran sind mit seiner Verabschiedung ist aber keinem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geschuldet – wir halten die kommunale Schuldenbremse ein, sonst hätte das Regierungspräsidium in Tübingen diesem Haushalt 2024 längst seinen Segen verweigert – nein: Schuld sind die OB-wahltaktischen Zwänge, die den gewohnten Zeitplan gehörig durcheinandergewirbelt haben. Es gibt also nicht mehr viel Substanzielles zu sagen, schließlich ist der heute zu verabschiedende Haushalt 2024 gewissermaßen schon der Schnee vom vergangenen Jahr. Bleibt also nur noch anzumerken, dass meine Fraktion und diesem Haushalt 2024 uneingeschränkt zustimmt. Was auch sonst, wir haben ja daran mitgewirkt!

Bleibt also noch die Danksagung an die Bürgerinnen und Bürger – vor allem als SteuerzahlerInnen und -zahler, an die Unternehmen vor Ort mit der wieder einmal gestiegenen erwirtschafteten Gewerbesteuer, unser Dank an die Spitzenkräfte der städtischen Verwaltung und der städtischen Gesellschaften und an all die übrigen der 4000-köpfigen Belegschaft des Unternehmens Stadt Ulm!

Ein kleines Stimmungsbild zum gerade beginnenden Jahr 2024

Was also bleibt noch zu sagen? Vielleicht ein kleines Stimmungsbild zum gerade beginnenden Jahr 2024:

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, aber so richtig närrisch ist mir momentan nicht zumute. Sind dann doch grad ziemlich bewegte Zeiten; Ich will keine Teufel an die Wand malen und unnötig schlechte Stimmung verbreiten, allein ein Blick auf die Realitäten und Aussichten sind nicht grad heiterkeitsfördernd und ermutigend. Die politische Großwetterlage hat sich in ein weltumspannendes Tiefdruckgebiet verfestigt und gibt zurzeit wenig Grund zu Optimismus.

Der Ukrainekrieg dauert an, der Kampf Israels gegen die Terrororganisation Hamas wird sich nicht so schnell verabschieden und wenn die Götter es ganz schlecht mit uns meinen, dann steht auch noch Donald Trump ante portas.

Auch hier in Europa ist die liberale Demokratie in Gefahr

Nicht nur in den USA, nein auch hier in Europa ist die liberale Demokratie in Gefahr. Und die Europawahl steht vor der Tür. Das Bekenntnis zur Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, die Anerkennung von Meinungsfreiheit und der Schutz von Minderheiten sind nicht mehr überall in den Europäischen Demokratien garantiert.

Und das Wetter? Nein, nicht nur das politische, auch das globale Klima ist nicht mehr das, was es wahrscheinlich noch nie war: Gemäßigt und friedfertig.

Und der Ausblick auf die bundesdeutsche Realität im Jahr 2024! Gelinde gesagt ziemlich trübe! Dabei sind die Demonstrationen der Dieseltrecker noch das kleinste Problem angesichts der der sogenannten „Remigratiosfantasien“ der AfD und sonstiger Rechter und Reichsbürger. Ich wünsche mir, dass dieser Gemeinderat geschlossen an der Demonstration gegen Rechts am kommenden Samstag um 15:30 Uhr auf dem Münsterplatz teilnimmt. Das wird kein Frühlingserwachen, wenn demnächst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg Landtagswahlen stattfinden.

Die gesetzten nationalen Klimaziele scheinen in weite Ferne gerückt angesichts zunehmend mangelnder Bereitschaft in der Bevölkerung die notwendigen Transformationen fürs Erreichen der Klimaziele mitzutragen.

Haushaltsmittel und Human Ressources gestatten keine fantasiebeflügelnden Spielräume

Und die Stadt? Oberflächlich gesehen ist die Stadt Ulm geradezu eine Insel der Seligen, ein zuverlässiger Fels in der Brandung der uns umgebenden Turbulenzen. Fast unbeirrt arbeiten wir hier am Ratstisch und die Verwaltung das Pflichtenheft der von der Bürgerschaft an uns gestellten Forderungen ab. Dank

  • gewachsener finanzieller Ressourcen,
  • von der Unterbringung einer stetig anwachsenden Zahl von Flüchtlingen,
  • dem verpflichtenden Ausbau der Kinderbetreuung,
  • der soziale Abfederungen gestiegener Lebenshaltungs- und der klaglosen Hinnahme steigender Personalkosten durch
  • jährlich wiederkehrenden erhöhte Tarifabschlüsse und Energiekosten,
  • über das Erstellen bezahlbarer Wohnungen in Zeiten gestiegener Materialkosten und Zinsen,
  • die dringenden Sanierungen von Brücken und Schulen

ich höre lieber auf! Das alles ist ja nur ein Bruchteil dessen, was im Haushalt 2024 abgebildet ist!

Viel Raum für schöpferisches, innovatives Gestalten bleibt da nicht. Obwohl das ja eigentlich die uns bei der Wahl versprochene Arbeitsteilung von Politik und Verwaltung ist: Die Verwaltung verwaltet und die Ratsmitglieder gestalten! Aber wie soll das gehen, wenn Haushaltsmittel und Human Ressources keine fantasiebeflügelnden Spielräume gestatten und die Gemeinderätinnen und -räte in zunehmend umfassenderen, komplexeren und lesezeitverschlingenden Verwaltungsvorlagen ertrinken. Das Ganze nennt sich dann auch noch „Ehrenamt“. Für nicht wenige von uns hier an diesem Ratstisch fällt das eher unter Fulltime-Job.

2024 wird ein ambitioniertes, unberechenbares und für uns alle forderndes Jahr

Und während wir in den kommenden Monaten diesen Haushalt 2024 gewissermaßen exekutieren, finden mit jeder Fachbereichssitzung bereits die Beratungen und Vorentscheidungen für den Haushalt 2025 statt. Und auch die Fortführung der Investitionsstrategie für die kommenden Jahre steht auf dem Terminplan. Die Landesgartenschau 2030 mit einem Kostenrahmen weit über 100 Millionen wird uns alle fordern – es ist ja nicht nur das Geld, dass uns herausfordert, es ist die Man-/ bzw. Womanpower, die gebraucht wird, dieses Großprojekt mit all seinen zwingenden Infrastrukturmaßnahmen zu realisieren. Das Drama um den Wohnungsbau und der Druck auf die Städtische Wohnungsbaugesellschaft, hier Abhilfe zu schaffen, wird uns einige zusätzliche Millionen abfordern, um die UWS in Zeiten gestiegener Materialkosten und Zinsen überhaupt liquide zu halten.

Das wird ein überaus ambitioniertes und auch unberechenbares, uns und alles forderndes Jahr: dieses Jahr 2024. Mit der Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger für eine neue Stadtspitze und mit der anstehenden Wahl eines neuen Gemeinderats im Juli dieses Jahres ist die gewohnte Kontinuität der Ratsarbeit wie wir sie in den letzten Jahren hatten nicht garantiert. Der neugewählte Oberbürgermeister braucht Zeit und unsere solidarische Unterstützung, um sich in dieses verantwortliche Amt in turbulenten Zeiten hineinzufinden. Und auch die Bürgermeister und Bürgermeisterin und die Verwaltung bedarf unsere Unterstützung in den Zeiten des Umbruchs wie wir es gerade erleben.

Wir werden viele Entscheidungen in die 2. Hälfte des Jahres verschieben, um den neu gewählten Gemeinderat nicht vor vollendete Entscheidungen zu stellen und ihm ein wenig eigenen Gestaltungsspielraum lassen.

Suchen wir gemeinsam den Schulterschluss

Also suchen wir gemeinsam den Schulterschluss liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren. Dass wir das können, haben wir in der Finanzkrise, in der Migrationskrise und der Coronakrise längst bewiesen. Und ich bin trotz aller Unwägbarkeiten dann doch so optimistisch gestimmt, dass wir nach der Verabschiedung des Haushalts 2025 wie die Gallier von Asterix und Obelix beim gemeinsamen Essen sitzen nach bestandenem Abenteuer 2024! Auch wir Ulmerinnen und Ulmer fürchten schließlich nur, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt!