Rede zum Haushalt 2024 von Ralf Milde

Das ist doch ein wenig ungewohnt, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

für mich war in den vergangenen fast 20 Jahren die Verabschiedung des Haushalts immer auch mit einem Versprechen auf ein gemeinsames Abendessen und der fröhlichen Verabschiedung in die Weihnachtsferien verbunden. Diesmal fällt die Verabschiedung des Haushalts 2024 gewissermaßen in die närrische Zeit! Dass wir so spät dran sind mit seiner Verabschiedung ist aber keinem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geschuldet – wir halten die kommunale Schuldenbremse ein, sonst hätte das Regierungspräsidium in Tübingen diesem Haushalt 2024 längst seinen Segen verweigert – nein: Schuld sind die OB-wahltaktischen Zwänge, die den gewohnten Zeitplan gehörig durcheinandergewirbelt haben. Es gibt also nicht mehr viel Substanzielles zu sagen, schließlich ist der heute zu verabschiedende Haushalt 2024 gewissermaßen schon der Schnee vom vergangenen Jahr. Bleibt also nur noch anzumerken, dass meine Fraktion und diesem Haushalt 2024 uneingeschränkt zustimmt. Was auch sonst, wir haben ja daran mitgewirkt!

Bleibt also noch die Danksagung an die Bürgerinnen und Bürger – vor allem als SteuerzahlerInnen und -zahler, an die Unternehmen vor Ort mit der wieder einmal gestiegenen erwirtschafteten Gewerbesteuer, unser Dank an die Spitzenkräfte der städtischen Verwaltung und der städtischen Gesellschaften und an all die übrigen der 4000-köpfigen Belegschaft des Unternehmens Stadt Ulm!

Ein kleines Stimmungsbild zum gerade beginnenden Jahr 2024

Was also bleibt noch zu sagen? Vielleicht ein kleines Stimmungsbild zum gerade beginnenden Jahr 2024:

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, aber so richtig närrisch ist mir momentan nicht zumute. Sind dann doch grad ziemlich bewegte Zeiten; Ich will keine Teufel an die Wand malen und unnötig schlechte Stimmung verbreiten, allein ein Blick auf die Realitäten und Aussichten sind nicht grad heiterkeitsfördernd und ermutigend. Die politische Großwetterlage hat sich in ein weltumspannendes Tiefdruckgebiet verfestigt und gibt zurzeit wenig Grund zu Optimismus.

Der Ukrainekrieg dauert an, der Kampf Israels gegen die Terrororganisation Hamas wird sich nicht so schnell verabschieden und wenn die Götter es ganz schlecht mit uns meinen, dann steht auch noch Donald Trump ante portas.

Auch hier in Europa ist die liberale Demokratie in Gefahr

Nicht nur in den USA, nein auch hier in Europa ist die liberale Demokratie in Gefahr. Und die Europawahl steht vor der Tür. Das Bekenntnis zur Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, die Anerkennung von Meinungsfreiheit und der Schutz von Minderheiten sind nicht mehr überall in den Europäischen Demokratien garantiert.

Und das Wetter? Nein, nicht nur das politische, auch das globale Klima ist nicht mehr das, was es wahrscheinlich noch nie war: Gemäßigt und friedfertig.

Und der Ausblick auf die bundesdeutsche Realität im Jahr 2024! Gelinde gesagt ziemlich trübe! Dabei sind die Demonstrationen der Dieseltrecker noch das kleinste Problem angesichts der der sogenannten „Remigratiosfantasien“ der AfD und sonstiger Rechter und Reichsbürger. Ich wünsche mir, dass dieser Gemeinderat geschlossen an der Demonstration gegen Rechts am kommenden Samstag um 15:30 Uhr auf dem Münsterplatz teilnimmt. Das wird kein Frühlingserwachen, wenn demnächst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg Landtagswahlen stattfinden.

Die gesetzten nationalen Klimaziele scheinen in weite Ferne gerückt angesichts zunehmend mangelnder Bereitschaft in der Bevölkerung die notwendigen Transformationen fürs Erreichen der Klimaziele mitzutragen.

Haushaltsmittel und Human Ressources gestatten keine fantasiebeflügelnden Spielräume

Und die Stadt? Oberflächlich gesehen ist die Stadt Ulm geradezu eine Insel der Seligen, ein zuverlässiger Fels in der Brandung der uns umgebenden Turbulenzen. Fast unbeirrt arbeiten wir hier am Ratstisch und die Verwaltung das Pflichtenheft der von der Bürgerschaft an uns gestellten Forderungen ab. Dank

  • gewachsener finanzieller Ressourcen,
  • von der Unterbringung einer stetig anwachsenden Zahl von Flüchtlingen,
  • dem verpflichtenden Ausbau der Kinderbetreuung,
  • der soziale Abfederungen gestiegener Lebenshaltungs- und der klaglosen Hinnahme steigender Personalkosten durch
  • jährlich wiederkehrenden erhöhte Tarifabschlüsse und Energiekosten,
  • über das Erstellen bezahlbarer Wohnungen in Zeiten gestiegener Materialkosten und Zinsen,
  • die dringenden Sanierungen von Brücken und Schulen

ich höre lieber auf! Das alles ist ja nur ein Bruchteil dessen, was im Haushalt 2024 abgebildet ist!

Viel Raum für schöpferisches, innovatives Gestalten bleibt da nicht. Obwohl das ja eigentlich die uns bei der Wahl versprochene Arbeitsteilung von Politik und Verwaltung ist: Die Verwaltung verwaltet und die Ratsmitglieder gestalten! Aber wie soll das gehen, wenn Haushaltsmittel und Human Ressources keine fantasiebeflügelnden Spielräume gestatten und die Gemeinderätinnen und -räte in zunehmend umfassenderen, komplexeren und lesezeitverschlingenden Verwaltungsvorlagen ertrinken. Das Ganze nennt sich dann auch noch „Ehrenamt“. Für nicht wenige von uns hier an diesem Ratstisch fällt das eher unter Fulltime-Job.

2024 wird ein ambitioniertes, unberechenbares und für uns alle forderndes Jahr

Und während wir in den kommenden Monaten diesen Haushalt 2024 gewissermaßen exekutieren, finden mit jeder Fachbereichssitzung bereits die Beratungen und Vorentscheidungen für den Haushalt 2025 statt. Und auch die Fortführung der Investitionsstrategie für die kommenden Jahre steht auf dem Terminplan. Die Landesgartenschau 2030 mit einem Kostenrahmen weit über 100 Millionen wird uns alle fordern – es ist ja nicht nur das Geld, dass uns herausfordert, es ist die Man-/ bzw. Womanpower, die gebraucht wird, dieses Großprojekt mit all seinen zwingenden Infrastrukturmaßnahmen zu realisieren. Das Drama um den Wohnungsbau und der Druck auf die Städtische Wohnungsbaugesellschaft, hier Abhilfe zu schaffen, wird uns einige zusätzliche Millionen abfordern, um die UWS in Zeiten gestiegener Materialkosten und Zinsen überhaupt liquide zu halten.

Das wird ein überaus ambitioniertes und auch unberechenbares, uns und alles forderndes Jahr: dieses Jahr 2024. Mit der Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger für eine neue Stadtspitze und mit der anstehenden Wahl eines neuen Gemeinderats im Juli dieses Jahres ist die gewohnte Kontinuität der Ratsarbeit wie wir sie in den letzten Jahren hatten nicht garantiert. Der neugewählte Oberbürgermeister braucht Zeit und unsere solidarische Unterstützung, um sich in dieses verantwortliche Amt in turbulenten Zeiten hineinzufinden. Und auch die Bürgermeister und Bürgermeisterin und die Verwaltung bedarf unsere Unterstützung in den Zeiten des Umbruchs wie wir es gerade erleben.

Wir werden viele Entscheidungen in die 2. Hälfte des Jahres verschieben, um den neu gewählten Gemeinderat nicht vor vollendete Entscheidungen zu stellen und ihm ein wenig eigenen Gestaltungsspielraum lassen.

Suchen wir gemeinsam den Schulterschluss

Also suchen wir gemeinsam den Schulterschluss liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren. Dass wir das können, haben wir in der Finanzkrise, in der Migrationskrise und der Coronakrise längst bewiesen. Und ich bin trotz aller Unwägbarkeiten dann doch so optimistisch gestimmt, dass wir nach der Verabschiedung des Haushalts 2025 wie die Gallier von Asterix und Obelix beim gemeinsamen Essen sitzen nach bestandenem Abenteuer 2024! Auch wir Ulmerinnen und Ulmer fürchten schließlich nur, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt!




Rede zum Haushalt 2023 von Ralf Milde

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Frau Mann, sehr geehrter Herr Bendel, sehr geehrter Herr von Winning, sehr geehrt Spitzenkräfte der Verwaltung und der städtischen Gesellschaften, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger, soweit welche anwesend sind und wertgeschätzte Presse.

Ich wusste doch, dass auf den Kollegen Eichhorn Verlass ist. Seinen uneitlen und pragmatischen Ausführungen zum Haushalt kann ich im Großen und Ganzen nur beipflichten und damit erspart er mir die Wiederholung des Ganzen, und ich muss Ihnen nicht die Zeit stehlen, und wir kommen schneller an das Weihnachtsbuffet!

Mit einem kleinen Redebeitrag will ich dann doch – in gewohnter Kürze – anlässlich diesem „Haushaltsredenhaltenritual“ beitragen, auch auf die Gefahr hin, nachher beim Essen wie schon 2018 allein am Tisch zu sitzen.

Ich weiß nicht, was stressiger ist, das Erfinden und Formulieren von Verwaltungsvorlagen die hier in diesem Haushalt 2023 gebündelt vorliegen oder das Erfinden und Formulieren von Haushaltsabschlussreden zur Verabschiedung des selbigen?! Mich stresst dieses Verfassen einer Haushaltsrede schon Wochen vorher und verfolgt mich bis in meine Träume. Ja, bis in meine Träume!

Ganz im Ernst!

Es gibt einen wenig respektvollen Umgang mit der Arbeit der städtischen Verwaltung

Da träume ich doch vor ein paar Nächten, dass wir hier alle zur Verabschiedung des Haushalts 2023 versammelt am Ratstisch sitzen. Und als der Oberbürgermeister dann am Ende der zahlreichen und nicht enden wollenden Redebeiträgen der Fraktionsvorsitzenden den Haushalt zur Abstimmung stellt, ist plötzlich niemand von uns dafür, aber alle dagegen!

Und warum! Einfach so! Als Demonstration unserer Macht und Bedeutung als Ratsmitglieder!

Schuld an dieser unsinnigen Träumerei ist der Kollege Ansbacher, der sich in der zweitägigen Haushaltsdebatte gegen die Protest und Ablehnung seines Versuchs noch eine Haushaltsextrawurst zu braten – da war er übrigens nicht der einzige – der sich also mit dem Satz empörte, dass sei schließlich „Königsrecht“ des Gemeinderats! O-Ton.

Mit diesem Bundeskanzler kann man als Sozialdemokrat auch schon mal von der Monarchie träumen. 40 Königinnen und Könige an diesem runden Ratstisch! Das stelle man sich mal bildlich vor.

Aber mal im Ernst!

Gemeinderätliche Macht und Bedeutung leben wir doch das ganze Jahr schon aus! Mit jeder Diskussion und Abstimmung der von der Verwaltung erarbeiteten Verwaltungsvorlagen in den Fachbereichen und in den Vollversammlungen.

Das ist schon ein sehr privilegiertes Unterfangen.

Während die Bürgerinnen und Bürger die Steuern erarbeiten, während die Unternehmen der Stadt die Gewerbesteuern erwirtschaften, während die Verwaltung Vorschläge erarbeitet, wie all diese Millionen in Reparaturen und andere sinnvolle Projekte gesteckt werden, sind wir es, die Stadträte und -rätinnen, die durch das Heben der Hand, die Umsetzung all dieser Vorhaben, die in diesem Haushalt gebündelt sind, legitimieren und zur Realisierung
freigeben.

Das ist doch ganz schön viel Macht und Bedeutung.

Warum dann nur um Gottes Willen kurz vor Haushaltsplanungsschluss noch mal eben ein paar Millionen Euro in den Ring werfen, um den Ausbau der Photovoltaik auf städtischen Dächern zu beschleunigen. Auch so ein Schaulaufen mit großer theatralischer Geste zum Beweis von Macht und Bedeutung kurz vor Haushalts-Ladenschluss.

Ich muss zugeben, dass mich das schon ziemlich aufregt. Weil es einen wenig respektvollen Umgang mit der hochkomplexen und aufwandsintensiven Arbeit der städtischen Verwaltung offenbart. Von uns hier am Tisch mal ganz zu schweigen.

Alles zur Demonstration von Macht und Bedeutung!

Keine Garantie, dass all die Aufgaben überhaupt umgesetzt werden können

Ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen – natürlich nur die die sich angesprochen fühlen – dass wir das gar nicht nötig haben.

Wir üben ja das Königs- und Königinnenrecht in jeder Sitzung das ganze Jahr aus. Ganz ohne Krone!

Wir haben 12 Monate hinter uns, und ich kann für mich und meine Fraktion sagen, dass die Arbeit in den Fachbereichen mit den Bürgermeistern und der Bürgermeisterin und den Mitgliedern der Verwaltung nicht nur konstruktiv, sondern auch zu jedem Zeitpunkt von großer Wertschätzung getragen war.

Die wird vom Ratstisch nicht immer erwidert. Da werden den Verantwortlichen von Verwaltungsvorlagen schon mal besserwisserisch kompletter Murks bescheinigt.

Wir leben in sehr unsicheren Zeiten. Wir können heute keine Garantie darauf geben, ob all diese im Haushalt festgelegten Aufgaben überhaupt so wie gewünscht und beschlossen umgesetzt werden können. Und das Umsetzen ist nicht die Aufgabe des Gemeinderats – Gott sei Dank. Umsetzen müssen es die Verwaltung und die Hundertschaften der städtischen Mitarbeiter.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber wir werden bei der Umsetzung des Haushalts 2023 druckvolle und belastende Zeiten erleben, sei es:

  • bei der Umsetzung der Brückensanierungen
  • beim dringenden nicht nur bezahlbaren Wohnungsbau
  • bei der Mobilitätswende
  • beim weiteren Ausbau der Kinderbetreuung
  • bei der sozialen Abfederung der gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten
  • bei weiter stark steigende Personalausgaben durch hohe Tarifabschlüsse, auch bei den Zuschussempfängern
  • bei der Vorbereitung des ab 2026 geltende Rechtsanspruch für Ganztagesbetreuung an den Grundschulen
  • Schaffung von Wohnraum für die wachsende Bevölkerung, auch aufgrund von Migration und Flucht
  • bei den dramatischen Transformationen nicht nur im Theater, sondern auch in den anderen Kultureinrichtungen

Und gleichzeitig sind wir aufgefordert in den nächsten 12 Monaten das strategische und inhaltliche Gerüst für den Haushalt 2024 zu bauen. Da sind die Themenübergänge fließend.

In unberechenbaren Zeiten warten große Herausforderungen

Meiner Fraktion waren bisher und sind auch weiterhin die folgenden Themen besonders wichtig:

  1. Klares Setzen von Prioritäten und „Abschneiden alter Zöpfe“, d.h. in der Konsequenz weniger wichtige „Luxus-Ausgaben“ einzustellen.
  2. Fit machen der Stadt für die immer stärker werdenden Auswirkungen des demographischen Wandels.
  3. Zurückschrauben des Anspruchsdenkens. Nicht alles kann und muss von der Stadt geleistet werden.
  4. Effizienzkur für die Verwaltung durch Entlastung von unnötigen und zeitfressenden Aufgaben (wie z.B. übertrieben detaillierte Berichterstattung an den Gemeinderat)
  5. Sicherstellen, dass die notwendigen Rahmenbedingungen für eine weitere wirtschaftliche Prosperität in Ulm und Umgebung gegeben sind, denn alles Geld, was verteilt werden soll, muss erst einmal erwirtschaftet werden.

Ja ich weiß wir haben trotz Pandemie und Krieg und Krisen stetig wachsende Steuereinnahmen. Gott sei Dank! Aber die durch Pandemie und Krieg und Krisen stetig wachsenden Herausforderungen und Kostensteigerung zehren ja alles schon wieder auf und zwingen uns dennoch in die Schulden!

Das kommende Jahr wird wie das vergangene geprägt sein von der Gleichzeitigkeit des „Jetzt-Tuns“ – also den Haushalt 2023 in den kommenden 12 Monaten umzusetzen und zugleich vom das Morgen-Denken, um im nächsten Dezember einen dem Wohle und dem Wachstum der Stadt gerecht werdenden Haushalt 2024 zu verabschieden.

Das wird für uns alle in diesen unberechenbaren Zeiten eine große Herausforderung sein.

Für die Verwaltung und die Städtischen Gesellschaften und alle städtischen Mitarbeiter als die Entwerfer, Konzipierer und Umsetzer all dessen.

Und für uns hier am Ratstisch – die wir mit dem „Königsrecht“ ausgestattet sind als die Entscheider und Legitimierer.

Täusche ich mich oder empfinden das einige andere an diesem Tisch und hier im Saale auch so: Früher war weniger Blockbildung und parteiideologisches Denken und somit Abstimmen an diesem Tisch.

Früher war mehr Konsensbereitschaft bei den Debatten und Entscheidungen.

Das ideologiebesetzte Königsrecht führt zu Pattsituationen

Ich will das Königs- bzw. Königinnenrecht des Einzelnen hier nicht in Frage stellen. Aber wir werden nicht vorankommen und viel Zeit verlieren, wenn wir uns häufiger Abstimmungen leisten wie gestern im Bauausschuss zu Eschwiesen III.

Das beharrliche Bestehen auf das ideologiebesetzte Königsrecht führt schnell zur Pattsituation am Ratstisch und damit zur Lähmung dringend notwendiger Entwicklungen.

Dann müssen wir wie schon beim Herrmannsgarten zeitverlustige Extrarunden drehen, die die Verwaltungskräfte binden, anstatt sie für anderes freizusetzen.

Bleibt mir zum Schluss noch dies:

  1. Die FDP-Fraktion stimmt dem HH 2023 uneingeschränkt zu.
  2. Die FDP-Fraktion dankt den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen und dem Handwerk und dem Handel, die ihren erneut gewachsenen steuerlichen Beitrag dazu geleistet haben. Und wir ermutigen sie damit auch im nächsten Jahr fortzufahren.
  3. Die FDP-Fraktion dankt den Mitarbeitern der Verwaltung und der Städtischen Betriebe für ihre aufopferungsvolle Arbeit im vergangenen Jahr und hoffentlich auch im nächsten!
  4. Die FDP-Fraktion dankt der Bürgermeisterin, den Bürgermeistern und dem Oberbürgermeister für die Geduld mit der Sie uns und unsere gemeinderätlichen
    Unberechenbarkeiten ertragen haben.
  5. Und wir danken den Kolleginnen und Kollegen hier am Ratstisch für die zwar nicht immer auf Konsens ausgelegte aber immer respektvolle Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten.
  6. Und wir danken der Presse, dass Sie immer so liebenswürdig über uns geschrieben hat!
  7. Und last but not least wünschen wir uns allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein Neues Jahr in das hoffentlich der Weltfrieden Einzug hält.



FDP gegen Umbenennung der Heilmeyersteige

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

wir von der FDP werden der Beschlussvorlage heute nicht zustimmen. Nach wie vor halten wir es für falsch, die Heilmeyersteige umzubenennen.

Ich möchte dazu drei Gründe nennen.

Als erstes steht die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Ich habe, als dieses Thema zum ersten Mal in diesem Gremium behandelt wurde, auf ein zusätzliches Kriterium bei der Bewertung potentiell belasteter Namen gedrängt, nämlich die Auswirkungen einer Umbenennung mit in die Abwägung einfließen zu lassen. Dies wurde vehement abgelehnt. Heute kann ich auch besser verstehen warum, denn dann wäre ein Anhaltspunkt für Klagen gegen den heutigen Beschluss gegeben, wenn dieses Kriterium nicht angemessen berücksichtigt worden wäre.

Aber nach wie vor sind wir als Gemeinderäte angehalten, die Verhältnismäßigkeit unserer Beschlüsse zu beachten. Und hier hat die Beschlussvorlage doch einige Mängel, da die Kosten und Aufwände für die Betroffenen aber auch für die Stadt nur unzureichend beschrieben sind. Die Kosten für die Stadt werden gar nicht erst genannt und für die Bewohner wird von nur geringen Kosten und einem sehr überschaubaren Aufwand gesprochen.

Was die Anwohner anbelangt, sind die Darstellungen der Auswirkungen irreführend. Es wird von Briefpapier und Visitenkarten gesprochen, als ob wir im letzten Jahrhundert leben würden. Die meisten Anwohner dürften weder das eine noch das andere überhaupt besitzen. Nein, die Aufwände sind ganz andere. Jeder hat seine Adresse bei unzähligen Firmen und Institutionen hinterlegt. Da überhaupt zu ermitteln, wen man alles informieren muss, ist schon ein großer Aufwand. Der nächste Schritt ist dann, die neue Adresse überall anzugeben. Da kann es dann schon passieren, das ein automatisiertes System die neue Adresse gar nicht akzeptiert, weil es laut seiner Datenbank im Ulm keine „Eselsbergsteige“ gibt. Bestenfalls wird dann als Straße „Am Eselsberg“ eingetragen. Auch in einem Call-Center glaubten die Bearbeiter eher ihren Datenbanken als dem, was der Kunde sagt.

Wenn dann eine Firma die neue Adresse akzeptiert hat, und dann einen Brief oder eine Sendung mit der richtigen Anschrift verschickt, ist die Zustellung keinesfalls gesichert. Denn es gibt ja nicht mehr nur einfach die gute alte „Bundespost“ sondern eine große Zahl von Post, Paket- und Kurierdiensten. Auch bei denen wird eine Straßenumbenennung nicht so schnell ins System eingetragen. Und wenn dann der Paketbote im Navi die Straße „Eselsbergsteige“ eintragen will oder auf Google Maps sucht, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit in den ersten Monaten Probleme haben. Der Satz auf Seite 3 der Vorlage „Benachteiligungen oder Belastungen einzelner, die im Rahmen der Abwägung gegen eine Umbenennung sprechen, sind somit nicht erkennbar.“ entspricht für uns nicht der Wahrheit. Sie sind erkennbar, man muss sie nur erkennen – oder besser erkennen wollen.

All das ist natürlich beherrschbar und wird sich nach einem Jahr eingependelt haben. Aber ist der ganze Ärger und Aufwand für die Anwohner gerechtfertigt. Oder noch besser: Ist er notwendig?

Das führt mich zum zweiten Grund unserer Ablehnung:

Was die Aufwände und Kosten für die Stadt anbelangt, erfahren wir ja so gut wie gar nichts aus der Vorlage. Bei allen Vorlagen drängt die Finanzverwaltung sonst darauf, die Auswirkungen auf den städtischen Haushalt genau darzustellen, aber in dieser Vorlage: komplette Fehlanzeige!

Die ganze Zeit wird zudem darüber gejammert, dass die Stadtverwaltung mit den ganzen Infrastrukturmaßnahmen gar nicht hinterherkommt, und jetzt sollen Grundbücher geändert, Karten geändert, Post, Telekom, Paketdienste, etc. informiert werden und die Straßenschilder ausgetauscht werden. Wir fragen uns erneut: ist das notwendig, oder binden wir hier ohne Not personelle und finanzielle Ressourcen, die wir für wichtigere Aufgaben einsetzen sollten. Haben wir nicht andere Prioritäten zu setzen?

Und somit komme ich zum dritten Punkt, der Frage nach der Notwendigkeit einer Umbenennung. Selbst wenn man die Erwägungen zu der Verhältnismäßigkeit und der Prioritätensetzung außer Acht lässt, so stellt sich doch die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Umbenennung.

Natürlich würde man heute im Lichte der gewonnenen Erkenntnisse keine Straße mehr nach Prof. Heilmeyer benennen. War die Benennung damals also ein Fehler? Nein, sie erfolgte nach bestem Wissen und Gewissen der damaligen Entscheidungsträger, denen Heilmeyer als großer Mediziner bekannt war, der sich um die Stadt Ulm verdient gemacht hatte.

Zu jeder Zeit wurden Straßen nach Personen benannt, die zum jeweiligen Zeitpunkt großes Ansehen genossen. Das war übrigens auch in der NS-Zeit so, als Straßen nach Nazi-Größen benannt wurden. Auch in der DDR war man schnell dabei, Straßen und Plätze nach Ernst Thälmann, Lenin oder Stalin zu benennen. Überhaupt war man gerade in der DDR ganz schnell mit der Aufarbeitung von Schuld und Verantwortung und erklärte sich einfach zu einem antifaschistischen Staat. 50 Jahre lang wurden die Menschen mit antifaschistischen Parolen überhäuft. So glaubte man, den Faschismus aus den Köpfen zu kriegen. Schaut man sich heute die Wahlergebnisse im Osten an, so darf man bezweifeln, ob das den gewünschten Effekt hatte.

Wir setzen uns doch nicht mit der NS-Vergangenheit auseinander, in dem wir die Namen von Menschen aus dem Straßenbild tilgen, die in irgendeiner Weise „belastet“ sind. Nach dem Motto „Schild ausgetauscht und gut ist!“, oder wie?

Natürlich müssten wir eine Straße, die nach jemandem benannt ist, den viele Menschen mit dem Nazi-Regime in Verbindung bringen, umbenennen. Aber wenn wir bereits das Fehlverhalten von Ludwig Heilmeyer als Grund für die Tilgung aus dem Straßenbild ansehen, wo setzen wir dann ein Ende? Benennen wir dann in ein paar Jahren die Wagner-Straße, die Martin-Luther-Kirche und den Bismarckring um? Und sind nicht die ganzen Kriegs-Straßen in der Weststadt (Sedan-Straße, Moltke-Straße) als nächste dran? Der Hindenburgring steht ja schon auf der Abschussliste. Wo machen wir Schluss?

Und was würden wir eigentlich machen, wenn ein akribischer Forscher einmal herausfinden sollte, das Albrecht Ludwig Berblinger sich zu Lebzeiten etwas hat zuschulden kommen lassen, sich gar – wie zum Beispiel Martin Luther – antisemitisch geäußert hat. Wir der neue Berblinger-Turm dann wieder abgerissen? George Washington hat Sklaven gehalten, dennoch kam niemand in den USA nach dem Bürgerkrieg auf die Idee, die Hauptstadt umzubenennen.

Ich ziehe das Fazit: Die Umbenennung ist nicht notwendig, ist nicht verhältnismäßig und widerspricht unseren kommunalen Prioritäten.

Daher wäre die Umbenennung aus unserer Sicht eine falsche Entscheidung. Wir können sie daher nicht mittragen.




Rede von Erik Wischmann zur Verabschiedung des Haushalts 2018

Rede zur Verabschiedung des Haushaltsplans 2018 und der Finanzplanung 2017-2021 Erik Wischmann, FDP-Fraktion Ulm, 13.12.2017

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Herren Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Herr Bendel, Sie sind ein richtiger Spielverderber. Da haben sich Ihre Kollegen in den Fachbereichen zusammen mit dem Ulmer Gemeinderat in den letzten Wochen so bemüht, durch zusätzliche Ausgaben von über 5 Mio. Euro doch noch ein negatives Ergebnis für den Haushaltsplan 2018 zu erreichen und was machen Sie? Stellen einfach eine neue Steuerschätzung vor, die genau diese Mehrausgaben kompensiert, so dass wir doch wieder im Plus landen. Nun können wir ja gar nicht anders, als diesem eindrucksvollen und vor Kraft nur so strotzendem Zahlenwerk zuzustimmen.

Wir hatten uns doch schon so auf wilde Debatten um die besten Sparvorschläge gefreut und die Kreativität der lieben Kollegen hier am Ratstisch bei der Begründung, warum bestimmte Ausgaben keinesfalls gekürzt werden dürften. Aber nein, alles was wir beschlossen haben, kann im nächsten Jahr ohne neue Schulden finanziert werden, da die Steuereinnahmen sowohl bei der Gewerbesteuer als auch bei der Einkommensteuer ungeahnte Höhen erreichen sollen.

Dabei hat der Gemeinderat doch wirklich alles versucht. Wir haben Baumaßnahmen ohne Ende geplant und uns redlich bemüht, die Kunden vom Einkaufen in Ulm durch Baustellen abzuhalten und was macht die Ulmer Wirtschaft? Beschert uns Jahr für Jahr immer bessere Steuereinnahmen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll in Ulm ja laut Aussagen von Elternvertretern furchtbar schlecht sein und was machen die Ulmer? Setzen immer mehr Kinder in die Welt. In Ulm sollen furchtbare Zustände herrschen, alles ist verdreckt und heruntergekommen und was passiert? Immer mehr Menschen wollen nach Ulm ziehen. Das Bildungsniveau ist angeblich im freien Fall und was meldet die Arbeitsagentur? Beschäftigung auf Rekordniveau und nahezu Vollbeschäftigung in der Stadt. Also alles Bestens, auf zur Weihnachtsfeier und mit Champagner auf das neue Jahr anstoßen!

Jetzt könnte man ja von mir die gewohnte Fortsetzung meiner Rede erwarten, dass es angesichts der längerfristigen Prognosen dennoch so nicht weitergehen darf und wir trotz der aktuell glänzenden Zahlen sparen und maßhalten müssen. Und in der Tat, diese Rede habe ich geschrieben und war schon vorbereitet, sie heute zu halten.

Aber dann haben wir in der FDP-Fraktion erkannt, dass wir uns eigentlich ganz entspannt zurücklehnen können. Da mag der Gemeinderat noch so große Investitionen fordern und in den Haushalt reinschreiben lassen – die letzten Jahre haben gezeigt, dass es eine natürlich Grenze für das pro Jahr realisierbare Investitionsvolumen gibt.

Die Bauwirtschaft und das Handwerk in Ulm und Umgebung können gar nicht mehr umsetzen, unsere Bauverwaltung ist ebenso am Anschlag und die Baustellenlogistik stößt jetzt schon an ihre Grenzen. Auch gelingt es uns kaum noch, all die neuen Stellen, die wir schaffen wollen, zu besetzen, so dass auch dem Personalanstieg natürliche Grenzen gesetzt zu scheinen. Und der Ausbau der Kinderbetreuung geht auch nur in dem Maße voran, wie wir neue Räume bauen und Personal gewinnen können.

So setzt die normative Kraft des Faktischen allzu großen Höhenflügen bei der Investitionswut im Ulmer Gemeinderat hoffentlich ganz automatisch Grenzen. Und das gibt uns allen doch ein nie gekanntes Gefühl der Freiheit. Wir können reinen Herzens den Ulmerinnen und Ulmern sagen: Wir würden ja gerne noch mehr machen, das Geld wäre auch da, sogar neue Schulden schrecken uns nicht, aber leider scheitern wir an natürlichen Grenzen der Umsetzbarkeit. Was für eine Freude, erlaubt es uns das doch, zu sparen, ohne große Anstrengungen zu unternehmen.

Es sind bereits so viele Bauprojekte auf dem Weg, dass wir für die nächsten 10 Jahre nahezu ausgebucht sind. Man könnte fast sagen: „Der Reichtum verdammt uns zum Sparen.“

Und jetzt können wir dieses „Sparen“ – oder vielleicht richtiger gesagt „Konsolidieren“ – aus einer Position der Stärke heraus ganz gelassen angehen. Da wir ja gar nicht noch mehr realisieren können, gönnen wir uns doch den Luxus, einfach mal nichts Neues zu beschließen. Ganz entspannt zurücklehnen, die Dinge laufen lassen und stattdessen mal die Zeit nutzen, um längerfristig zu denken und neue Konzepte für die Stadt zu entwickeln. Die Bundesregierung hat es uns in den letzten Jahren ja gezeigt, wie wirkungsvoll Nichtstun für die wirtschaftliche Entwicklung sein kann. Insofern sollten wir der FDP in Berlin dankbar sein, denn mit dem Jamaika-Aus geht dieses Nichtstun in die Verlängerung.

Nur mit dem Planen und Fitmachen für die Zukunft hat es die Bundesregierung in den letzten vier Jahren leider nicht so gehabt. Also sollten wir es hier in Ulm anders machen und diese neue Freiheit jetzt nutzen, um einmal von der Hektik der Anträge auf neue Baumaßnahmen und vorgezogene Sanierungen zurückzutreten und uns ganz entspannt zu fragen: Wie soll es in Ulm eigentlich weitergehen, wenn das große Pensum abgearbeitet ist? Um dann, wenn der Baulärm verflogen ist, die Bauzäune abgeräumt sind und die Stadt im neuen Glanz erstrahlt, wirklich bereit für die Zukunft zu sein.

Und solche Konzepte entstehen nicht über Nacht und nicht durch eine Flut von Anträgen sondern durch sorgfältige Analyse und Diskussion über die richtigen Schritte. Es gibt dafür ja gute Beispiele in Ulm. So ist die Initiative Ulm – Internationale Stadt zum Beispiel ein richtiger Baustein, um sich den Realitäten einer immer bunteren Zusammensetzung der Stadtgesellschaft zu stellen. Und diese Initiative ist lange vor der Flüchtlingskrise entwickelt worden, eben nicht aus der akuten Not heraus sondern weil wir uns rechtzeitig mit der Zukunft beschäftigt haben.

Aber es gibt da noch viele Baustellen, die bislang nur zaghaft angegangen wurden. Trotz der erfreulichen Geburtenzahlen wird der demografische Wandel zu einer deutlichen Zunahme älterer Menschen führen, die ganz andere Ansprüche an eine Stadt haben und gleichzeitig auch andere Möglichkeiten der Beteiligung haben. Das Potential und die Erfahrung vieler rüstiger und fähiger Menschen, die bereits aus dem regulären Berufsleben ausgeschieden sind, könnte für ehrenamtliche Aufgaben noch viel stärker genutzt werden.

Doch auch junge Familien werden in Ulm gebraucht. Es sollte uns eine Warnung sein, wenn immer mehr junge, gutverdienende Paare, die eine Familie gründen wollen, aus Ulm wegziehen, weil sich ihr Wunsch nach einem Eigenheim mit etwas Garten in Ulm nicht realisieren lässt. Bei allem Verständnis für Nachverdichtung und dem Vorrang von Geschosswohnungsbau, eine Monobaukultur kann Ulm nicht guttun. Die richtige Mischung macht’s.

Auch in der Kultur ist mir der Plan, überall mehr auszugeben, sei es beim Theater oder beim Museum, viel zu kurz gegriffen. Wir sollten uns eher fragen, was bedeutet Kultur für die Menschen in Ulm, wo geht die Reise hin. Auch da spielen Digitalisierung und Globalisierung eine immer größere Rolle. Hier könnte man ganz neue Ansätze für eine zukunftsweisende Kulturpolitik in Ulm entwickeln, die weniger mit Geld als mit Kreativität zu tun haben.

Ob die ganze Förderwut bei den Sportprojekten – man kann hier ja schon von „Sportmania“ im Gemeinderat sprechen – wirklich sinnvoll ist und zu überglücklichen und dankbaren Vereinen führt, wage ich auch zu bezweifeln. Die Anträge für noch mehr Förderung sind bestimmt schon geschrieben, die Ansprüche steigen mit jedem geförderten Projekt nach dem Motto, so was wollen wir dann aber auch bekommen.

Und in der Sozialpolitik kann die Devise doch nicht heißen, nur immer mehr Beratungsangebote und noch mehr niedrigschwellige, inklusive, maßgeschneiderte und sozialraumorientierte Leistungen anzubieten oder entsprechende Projekte zu fördern. Wir geben hier immer mehr Geld aus, doch der tatsächliche Nutzen bleibt nebulös. Die Mantra-artig vorgetragenen Argumente, diese Ausgaben würden uns spätere Kosten in der Sozialbetreuung ersparen, überzeugen nicht mehr und entziehen sich jeder Nachprüfbarkeit.

Statt uns von den Heerscharen von Sozialverbänden und karitativen Einrichtungen immer neue Ideen für noch mehr Projekte und Einrichtungen aufschwatzen zu lassen, sollten wir uns den tatsächlich betroffenen Menschen zuwenden und sie fragen, was denn wirklich sinnvolle Hilfe wäre und wo es hakt. Und ein bisschen mehr Vertrauen in die Kraft und Fähigkeit jedes Einzelnen und der Respekt vor seiner individuellen Freiheit, wie er sein Leben gestalten möchte, täte auch ganz gut. Wenn jemand eine Vergünstigung nicht in Anspruch nehmen möchte, sollten wir nicht mit allen Mitteln versuchen, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Das hat dann nämlich auch etwas mit Würde und Selbstbestimmtheit zu tun.

Und das bringt mich auch zum Schluss meiner Rede, nämlich den dringenden Appell, sich wieder mehr mit der Frage zu beschäftigen, was Ulm in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wirklich braucht. Wie wir es schaffen, den erarbeiteten Wohlstand zu erhalten und alle daran teilhaben zu lassen. Welche Unterstützung die Wirtschaft bei den Chancen und Risiken der Digitalisierung und dem Strukturwandel in der Energie- und Automobilwirtschaft braucht. Wie sich die Menschen in Ulm wohl und glücklich fühlen und der Zusammenhalt der Gesellschaft gestärkt wird.

Die bisherigen Ansätze müssen wir überdenken, denn ich kann leider nicht feststellen, dass unsere ganzen Maßnahmen der letzten Jahre die Zufriedenheit der Menschen spürbar gesteigert haben.

Also, um einen bekannten und gern kopierten Wahlkampfspruch zu zitieren: „Denken wir neu!“.

Zum Schluss möchten wir uns auch dieses Jahr bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Arbeit bedanken, die jeden Tag mit Tatkraft und Engagement versuchen, den vielfältigen Ansprüchen der Bürgerinnen und Bürger und des Gemeinderates gerecht zu werden.

Ihnen allen wünschen wir jetzt erholsame und fröhliche Festtage und dass das Jahr 2018 unseren hohen Erwartungen gerecht wird.

Vielen Dank!




Rede von Erik Wischmann zur Verabschiedung des Haushalts 2016

Wischmann-275

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

bitte streichen Sie sich den heutigen Tag rot im Kalender an! Denn es ist nicht nur die letzte reguläre Sitzung des Gemeinderates unter Leitung von Herrn Oberbürgermeister Gönner, es ist aller Voraussicht nach für lange Zeit auch die letztmalige Verabschiedung eines Haushaltes ohne neue Schulden, und auch das nur, wenn das Land die versprochene Übernahme der Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen realisiert.

Die Finanzplanung sieht für die kommenden Jahre bereits heute wachsende Schulden voraus. Nächstes Jahr kommen 5 Mio., 2018 8 Mio. und 2019 fast 10 Mio. neu hinzu, so dass wir dann wieder bei über 150 Mio. € Schulden sind. Hatten nicht einige hier am Tisch in den letzten Jahren davon gesprochen, dass Ulm praktisch schuldenfrei wäre? Das war natürlich ein Trugschluss, denn das Geld auf den sogenannten Sparbüchern war ja längst verplant und ist bereits jetzt – schneller als erwartet – wieder weg.

Bei den Haushaltsberatungen im Januar habe ich noch gefragt, ob einige Stadträte den Haushaltsentwurf eigentlich gelesen haben. Heute frage ich mich, ob einige hier am Tisch überhaupt das arabische Zahlensystem kennen!

Ex scientia pecuniae libertas. “Aus der Kenntnis über Geld kommt Freiheit.” so lautet eine römische Weisheit.

Eigentlich ist es ganz einfach und erfordert wirklich keine höhere Mathematik:

Wir haben jährliche Abschreibungen von rund 36 Mio., die jedes Jahr um 3 bis 4 Mio. wachsen. Dazu Personalausgaben von 120 Mio., die jedes Jahr um 2 Mio. wachsen. Den größten Teil der Ausgaben machen die Transferaufwendungen von 180 Mio., die bis 2019 um etwa 10 Mio. wachsen. Dazu Aufwendungen von Sach- und Dienstleistungen von 75 Mio., die auch weiter wachsen und nicht schrumpfen. Und dann noch „Sonstiges“ in Höhe von 18 Mio. Euro und Zinsen von ca. 4 Mio. Euro.

Rechnet man das zusammen, kommt man auf die rund 433 Mio. Euro, die wir ausgeben wollen, mit einer Steigerung um mindestens 10 Mio. pro Jahr.

Dem gegenüber stehen Einnahmen, die bei allerbester Wirtschaftslage gerade mal den jetzigen Ausgaben entsprechen, aber nicht im gleichen Maße steigen können. Prognostiziert ist ein Anstieg um nur 3-4 Mio. Euro im Jahr – und auch das nur bei gleichbleibend hohen Erträgen aus Gewerbe- und Einkommensteuer.

Von weiteren Risiken habe ich dabei noch gar nicht gesprochen. Und ich meine nicht nur mögliche Auswirkungen der Weltpolitik, sondern auch hausgemachte Risiken. Ich verweise dazu auf Seite 8 der Finanzplanung wo es heißt:

„Angesichts des ehrgeizigen Investitionsprogramms besteht weiterhin ein hohes Risiko darüber hinausgehender zusätzlicher Neuverschuldung. Daneben ist völlig offen, in welchem Umfang weitere Kapitaleinlagen oder ähnliche Zuführungen bei den Stadtwerken Ulm/Neu-Ulm GmbH erforderlich sind.“

Meine Damen und Herren, wir leben weit über unsere Verhältnisse! Man kann ja vielleicht diese Realität ignorieren, aber man kann nicht die Konsequenzen dieser ignorierten Realität ignorieren, und die heißen nun mal höhere Schulden und damit noch weniger Geld aufgrund längerfristig steigender Zinszahlungen.

Hier am Ratstisch höre ich leider nur sehr selten Beiträge, die dieser Erkenntnis Rechnung tragen würden. Im Gegenteil, es wird nach immer noch mehr Ausgaben gerufen und beim Bauen gibt es gar kein Halten mehr. Ginge es nach den Wünschen einiger Kolleginnen und Kollegen könnten wir die halbe Bauindustrie Baden-Württembergs nach Ulm bestellen.

Nur von der Fraktion der Grünen kam bereits während der Einbringung des Haushalts ein Signal des Umdenkens. Ausgerechnet von der Fraktion, der es beim Geldausgeben gar nicht schnell genug gehen kann!

Frau Schwelling, Ihr bereits vorgetragener und gleich wahrscheinlich erneut geäußerter Appell, man möge doch mehr sparen und konsolidieren fände ja unsere volle Zustimmung, wenn denn Ihren schönen Worten Taten gefolgt oder noch besser voraus gegangen wären. Doch in Wirklichkeit kommen Ihre Fraktionskollegen in den Ausschusssitzungen mit schöner Regelmäßigkeit mit der Frage „Darf’s ein bisschen mehr sein?“. Da wird dann gefragt, ob ein mit der Stadt ausgehandelter Zuschuss denn nicht zu niedrig sei und ob man da nicht „mehr Geld in die Hand nehmen müsse“. Insofern sind Aufforderung zum Sparen aus dem Munde Ihrer Fraktion mit Verlaub ziemlich verlogen.

Aber ich gestehe Ihnen zu, sie haben konkrete Vorschläge für eine Verbesserung der Haushaltsbilanz gemacht. Bei den Sonderfaktoren wollen Sie sparen, wobei die genannten Beispiele ja eher Kleckerles-Beträge sind und kaum zu einer nachhaltigen Entlastung des Haushaltes führen. Und dann kam natürlich das unvermeidliche: Wenn das Geld nicht ausreicht erschallt ganz schnell der Ruf nach höheren Steuern. Und natürlich dort, wo es nur die „Bösen“ trifft, also bei der Vergnügungssteuer. Ich könnte Ihnen da noch mehr Vorschläge machen, all das, was für die Grünen böse ist, zu besteuern: Wir wäre es mit einer extra PKW-Steuer in Ulm, oder vielleicht eine Heizpilz-Steuer?

Meine Damen und Herren, angesichts unseres Bedarfs an Einnahmen aus Gewerbe- und Einkommensteuer sollte es uns vielmehr darum gehen, sicherzustellen, dass wir auch in Zukunft Unternehmen und damit Arbeitsplätze in Ulm Ihre Zukunft sichern und neue Investoren nach Ulm locken können. Daher wäre es viel eher angebracht, sogar einmal über eine weitere Absenkung des Hebesatzes auf die Gewerbesteuer nachzudenken. Die geplanten Änderungen bei der Erbschaftssteuer werden vielen familiengeführten Unternehmen Geld entziehen und damit Arbeitsplätze bedrohen. Wir sollten nicht vergessen, dass all unser Wohlstand und die ganzen schönen Finanzmittel, die wir hier so großzügig ausgeben, von den Unternehmen und ihren Beschäftigten erwirtschaftet werden.

Aber unabhängig von allen Steuerüberlegungen: Die einzige nachhaltige Maßnahme zur Erzielung eines ausgeglichenen Haushalts ist die Steigerung der Ausgaben auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen. Angesichts des durch den demografischen Wandel zu erwartenden Anstiegs bei den Transferleistungen gibt es für uns nur zwei Ausgabenposten, bei denen im nötigen Umfang ein weiterer Anstieg gebremst werden kann:

Erstens bei den Abschreibungen, indem weniger neue Baumaßnahmen durchgeführt werden und bei den notwendigen Bauvorhaben auf strengste Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit geachtet wird. Hier erhoffen wir uns auch von dem neuen Gestaltungsbeirat hilfreiche Hinweise, wie unsere Ansprüche an Ästhetik und Qualität auch ohne Mehrkosten erfüllt werden können.

Und zum Zweiten bei dem größten von uns steuerbaren Posten im Haushalt, bei den Personalkosten. Unsere Personalaufwendungen sind in den letzten 5 Jahren um fast 30 % gestiegen, das sind über 5% pro Jahr. Das kann so nicht weitergehen! Der Zuwachs liegt dabei zum größeren Teil nicht an den Tarifsteigerungen sondern an der steigenden Zahl Beschäftigten in der Verwaltung. Hier müssen wir die Bremse ziehen. Natürlich waren für den Ausbau der Kinderbetreuung und die Bewältigung der Flüchtlingsproblematik neue Stellen notwendig. Aber dann müssen wir uns auch über den Abbau von Stellen in anderen Bereichen unterhalten. Soviel zu den oft angemahnten Prioritäten!

Als Ergebnis aus dem gesagten folgt für meine Fraktion auch, dass wir einer ganzen Reihe von bereits angesprochenen Investitions-Vorhaben sehr kritisch gegenüber stehen. Dazu gehören Großinvestitionen im Sportbereich, für die gewaltige Zuschüsse der Stadt erwartet werden, sowie großzügige Erweiterungen und Neubauten im Museumsbereich. Wir haben dafür einfach das Geld nicht!

Wie hat es Manfred Rommel einmal ausgedrückt: „Finanzpolitik – das ist die Auseinandersetzung zwischen jenen Leuten, die eine Mark haben und zwei ausgeben wollen, und jenen anderen, die wissen, dass das nicht geht.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, Sie nehmen mir meine erneut mahnenden und vielleicht eher pessimistischen Worte nicht übel, aber ich sehe es nun mal als meine erste Pflicht als Stadtrat an, das Geld der Steuerzahler sorgsam zu verwenden und zukünftigen Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt eigene Gestaltungsspielräume und nicht nur Schulden zu hinterlassen.

Herr Czisch, dies ist Ihr letzter Haushalt, den Sie als Finanzbürgermeister vorgelegt haben. Im Rahmen dessen, was Ihnen vom Gemeinderat vorgegeben wurde, haben Sie das bestmögliche gemacht und vor allem im Bereich der Finanzwirtschaft vorbildlich agiert und uns durch eine vorausschauende Finanzierungsplanung vor allzu großen Zinsbelastungen bewahrt. Daher werden wir diesem Haushaltsplan heute auch zustimmen.

Wir wünschen Ihnen und uns allen, dass Ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger den gleichen Erfolg hat und auch bei voraussichtlich deutlich schlechteren Voraussetzungen den Haushalt der Stadt gut führen kann. Wir von der FDP-Fraktion sichern dazu unsere volle Unterstützung zu.

Abschließend bedanken wir uns bei Ihnen und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Arbeit, vor allem bei denjenigen, die weit mehr als das übliche leisten, um die große Aufgaben der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen zu stemmen. Ein besonderer Dank geht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gebäudemanagements, die von diesem Ratstisch aus mit immer mehr Arbeit zugedeckt werden. Wir wissen Ihre Arbeit zu schätzen!

Auch den werten Kolleginnen und Kollegen hier am Ratstisch gilt unser Dank für die Zusammenarbeit, verbunden mit der Hoffnung auf gute und vielleicht noch bessere Entscheidungen zum Wohle unserer Stadt.

Und – last but not least – geht unser ganz besonderer Dank an Sie Herr Gönner, der sie uns immer wieder bei allzu forschen Forderungen und Anträgen auf den Boden der Realität zurückgeholt haben. Denn Sie wissen aus Ihrer langen Amtszeit: Vom siebten Himmel bis zum Boden der Tatsachen geht es steil bergab!




Rede von Ralf Milde zur Einbringung des Haushalts 2016

ralf milde

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

ich darf im Namen meiner Fraktion feststellen, dass da, wo Haushaltsentwurf 2016 draufsteht, auch unverkennbar Gunther Czisch drin ist! Nicht nur, aber doch in der ihm eigenen sanft mahnenden Handschrift.

Wir Gemeinderäte, liebe Kolleginnenn und Kollegen, sind auch im Haushaltsentwurf 2016 drin! Am sichtbarsten in den Sonderfaktoren! Nicht in allen, aber in gleichbleibend hohem Maße. Ich gehe mal davon aus, dass es der reinste Zufall ist, dass die Summe der Sonderfaktoren, die im Jahre 2016 wegfallen – jene 8.7 Millionen – fast die gleiche Summe ist, die an befristeten Sonderfaktoren im Jahr 2016 hinzukommen! Plus der 3 Millionen dauerhafter Sonderfaktoren. Oder ist das hier der Haushaltsentwurf von 2015?!?

Wenn wir bedenken, dass die die Überschussdecke im Ergebnishaushalt 2016 mit 2,4 Millionen doch recht dünn ist, und die mittelfristigen Aussichten für die nächsten Jahre konservativ gerechnet negativ sind, dann sollten wir die Sonderfaktoren immer schön im Auge behalten! da liegt ein kleines Notsparbuch begraben! Vielleicht sollten wir – analog zur Schuldenbremse von Bund und Land – uns eine kommunale Sonderfaktorenbremse verordnen!

Noch zeichnet sich dieser Haushaltsentwurf 2016 durch ein ausbalanciertes Maß an verhaltenem Optimismus aus. Aber Sie, herr Bürgermeister Czisch, haben ja die Risiken für die nächsten Jahre sehr detailliert im Vorbericht dargestellt. Meine Fraktion teilt da Ihre Einschätzung und hält sie nicht für Schwarzmalerei oder Panikmache! Und dass sich bei aller Investitions- und Baueuphorie Jahr für Jahr die Abschreibungen auf mehr als 32 Millionen erhöhen, ist ja nicht wirklich tröstlich!

Also geniessen wir noch den geradezu entspannten Augenblick der diesjährigen Haushaltsberatungen, die wohl kaum Anlass geben werden für große interfraktionelle Kabbeleien! Denn zum OB Wahlkampfthema taugt dieser konsenstaugliche Haushaltsentwurf nun wirklich nicht!

Den hätten wir auch in diesem jahr – OB Wahl hin,  OB Wahl her – weihnachtlich friedlich verabschieden können! Seis drum, es ist wie es ist!

Meine Fraktion dankt allen an diesem Haushaltsentwurf 2016 beteiligten!




Flüchtlinge in Ulm

Bei der Gemeinderatssitzung am 14.10.2015 hielt der Fraktionsvorsitzende Erik Wischmann eine Rede zur Unterbringung von Flüchtlingen in Ulm:

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Frau Bürgermeisterin, meine Herren Bürgermeister, liebe Mitglieder des Gemeinderats,

Debatten zum Thema Flüchtlinge gibt es zur Zeit auf allen Ebenen, von der UNO bis runter in die Kommunen. Grundsätzliche und rechtliche Fragen müssen dabei in Berlin, besser noch in Brüssel geklärt werden.

Wir hier in Ulm haben uns auf die konkrete Umsetzung der Unterbringung und Betreuung zu konzentrieren.

Wobei mir aber schon die Anmerkung erlaubt sei, dass die beste Lösung für die Flüchtlinge wäre, wenn sie gar nicht erst fliehen müssten oder wieder in Ihre Heimat zurückkehren könnten. In Syrien, im Irak und in Afghanistan sind aber fundamentale Terrorregime auf dem Vormarsch. Hier kann – das sollten gerade wir Deutsche wissen – leider nur militärisches Vorgehen helfen. Das sollten sich mal die, die hier in Ulm sich angeblich so sehr um das Wohl der Flüchtlinge sorgen aber gleichzeitig gegen die Firma Airbus wettern, mal überlegen. Ich finde dieses geschichtsvergessene, vordergründige Gutmenschentum erbärmlich.

Wenn die Kanzlerin sagt „wir schaffen das“, so sollte das für Ulm zumindest zutreffen. Wir haben glücklicherweise die finanziellen Spielräume, um die zusätzlichen Aufgaben erfüllen zu können. Ob wir auch die personellen Ressourcen aufbringen können, ist jedoch nicht so klar. Hier geht mein dringender Appell sowohl an die werten Ratskollegen als auch an die Bevölkerung, die Verwaltung von weniger dringenden Aufgaben zu entlasten. Wenn händeringend Wohnraum geschaffen werden muss und Sporthallen vorübergehend umfunktioniert werden, dann haben Schönheitsreparaturen zu warten.

Und an meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Forderungen z.B. Balkone an Flüchtlingsunterkünften anzubringen, zeugen von einer drolligen Ignoranz der Dimension der Aufgabe, vor der wir stehen. Wir sind froh, dass die Landesregierung hier doch etwas realistischer ist und die neuen Regeln für die Wohnflächengröße erst einmal ausgesetzt hat, bis die drängendsten Probleme gelöst sind.

Neben diesen profanen  Aufgaben – so schwierig sie im Detail auch sind – gilt es aber auch die Frage der Integration anzusprechen. Sprach- und Integrationskurse sind natürlich ein wichtiger Baustein. Aber es stellt sich doch eine grundsätzliche Frage: Was heißt eigentlich Integration in der heutigen Zeit? Was erwarten wir? Dass alle Schweinebraten essen und am Sonntag in die Kirche gehen? Sicherlich nicht. Aber was dann? Das führt ganz schnell zu der Frage, worüber sich unsere Gesellschaft, unser Staat heute eigentlich definiert.

Früher war es in Europa einfach: eine gemeinsame Geschichte, eine gemeinsame Sprache, die gleichen Märchen und Erzählungen und ein gemeinsamer Werte- und Kulturkanon machten die einzelnen Nationen aus. Doch das gilt schon lange nicht mehr, die Gesellschaft wird immer inhomogener und zunehmend bilden sich Parallelgesellschaften oder es kommt wie z.B. in Spanien zu Abspaltungsbewegungen ganzer Regionen.

Anstatt über das gemeinsame Dach Europa mehr zusammenzuwachsen wird wieder mehr das Trennende als das Gemeinsame gesucht. Ob wie in den USA die Verfassung als alleiniges Bindeglied für einen Staat funktioniert, kann bezweifelt werden. Selbst einige der hier in Deutschland geborenen Kinder aus Migrantenfamilien wachsen mit einem Rechts- und Gesellschaftsideal auf, das wenig mit unserer pluralistischen Verfassung zu tun hat. Wenn aber schon die Integration bei den hier Geborenen nicht richtig funktioniert, wie soll es dann bei den Flüchtlingen gelingen?

Und so sehen viele in Deutschland die Flüchtlinge als Bedrohung. Obwohl als konkrete Gefahren meist nur Kriminalität und Gesundheit genannt werden, steckt dahinter doch die grundsätzliche Angst vor Veränderung. Die meisten Menschen scheuen Veränderung, sie wollen das alles im Wesentlichen so bleibt wie es ist, denn dann weiß man wenigstens, woran man ist und kann sich darin einrichten.

Diese Ängste gilt es ernst zu nehmen, denn wir leben in einer Zeit der großen Veränderungen. Anstelle der bedrückenden aber doch stabilen Zeit des kalten Krieges haben wir es heute mit einer zunehmend unübersichtliche Weltlage zu tun, in der Deutschland und Europa eine neue Rolle finden muss. Und das ist eben nicht bequem.

Ich beobachte zunehmend einen Hang zur Nostalgie. Da werden z.B. auf Facebook Bilder von Ulm vor der Bombardierung gezeigt mit dem Kommentar, das es früher doch so viel schöner war. Nein, es war nicht schöner, das scheint nur so in der Verklärung.

Veränderung hat es schon immer gegeben und wird es immer geben. Und das ist auch gut so.

Vielleicht sollte man die Debatte daher unter einem ganz anderen Licht betrachten: Vor einigen Jahren hat dieser Gemeinderat in einer Klausur über den demografischen Wandel und die damit verbundenen Probleme gesprochen. Für ganz wichtig wurde damals befunden, Ulm durch Zuzug weiter wachsen zu lassen. Wir waren uns einig, dass wir mehr junge Menschen brauchen, da sonst immer weniger Erwerbstätige immer mehr Leistungsempfängern gegenüber stehen. Sollten wir uns da nicht freuen, wenn jetzt so viele grundsätzlich erwerbsfähige Menschen neu zu uns kommen?

Klar, ganz so einfach ist es nicht. Es gibt eben nicht nur den gut ausgebildeten, englischsprechenden weltoffenen Syrer, der ohne Probleme in den Arbeitsmarkt findet. Wir haben es mit der ganzen Bandbreite kultureller und sozialer Herkunft zu tun. Aber umso mehr müssen wir dafür sorgen, dass möglichst viele, die zu uns kommen, von reinen Leistungsempfängern zu tragenden Säulen der Gesellschaft werden.

Daher gilt unser großer Dank all jenen, die beruflich oder im Ehrenamt mit großem Einsatz und Hilfsbereitschaft sich für diese Aufgabe einsetzen. Wenn jeder in Ulm nach seinen Möglichkeiten dazu beiträgt, ob mit eigenem Engagement oder auch nur mit der Bereitschaft, sich ein klein wenig einzuschränken und etwas mehr Veränderung zu akzeptieren, dann wird man sagen können: „Ulm schafft das!“




Rede von Erik Wischmann zur Verabschiedung des Haushaltsplans 2014 und der Finanzplanung 2013-2017

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

erneut verabschieden wir einen Haushaltsplan, der geprägt ist von hohen Steuereinnahmen und ein neues Rekordvolumen hat. Wir geben mehr aus als jemals zuvor – mehr für Kultur, mehr für Sport, mehr für Soziales und mehr für Investitionen. Auch die Personalkosten sind auf dem höchsten Stand. Und wir können es uns zurzeit leisten, denn die verfügbaren Finanzmittel sind so groß, dass wir trotz Rekordausgaben erneut unsere Schulden etwas reduzieren können.

Es sind in der Tat goldene Zeiten für unsere Stadt.

Und doch ist die Freude getrübt, denn es zeichnen sich schon jetzt neue Belastungen ab, die schnell wieder zu einem Anstieg der Schulden führen werden. Zum einen haben wir bereits ein so gigantisches Investitionsprogramm beschlossen, dass auch ohne neue Vorhaben die Sparbücher zur Reduzierung der Neuverschuldung in wenigen Jahren aufgebraucht und neue Kredite notwendig sein werden.

Zum anderen drohen weitere Belastungen, zum Beispiel bei den Stadtwerken. Denn ungeachtet aller schönen Versprechungen aus Berlin ist ja noch keinesfalls ausgemacht, wie rentabel die Kraftwerksbeteiligungen der SWU in der Zukunft sein können. Und die Zukunft des ÖPNV in Ulm und der Region ist auch noch mit erheblichen Risiken verbunden.

Nicht vergessen darf man, dass die vorgelegte Finanzplanung auf einem Fortbestand der hohen Einnahmen durch Gewerbesteuer und Einkommensteuer fußt. Dies ist zwar in Anbetracht der sehr robusten Wirtschaft in unserer Stadt nachvollziehbar, doch ohne Risiko ist das natürlich nicht.

Ich darf an das erste Amtsjahr des gegenwärtigen Gemeinderats erinnern. Wie überall in Deutschland brach die Wirtschaftskraft aufgrund einer globalen Finanzkrise massiv ein und Ulm musste mit deutlich reduzierten Einnahmen rechnen. Die damalige Finanzplanung sah einen möglichen Anstieg der Schulden auf fast 200 Millionen Euro voraus. Zum Glück hat sich Ulm schneller als von allen erwartet erholt und wir konnten die Schulden auf dem Niveau von 2009 halten.

Bei der Vorstellung der aktuellen Finanzplanung wurde es jedoch als durchaus realistisch dargestellt, dass unsere Schulden in 2018 auf dann sogar 230 Millionen Euro steigen, allerdings nicht aufgrund nachlassender Einnahmen sondern aufgrund steigender Ausgaben, insbesondere zur Umsetzung der umfangreichen Investitionsprojekte und zur Abdeckung drohender Verluste bei den Stadtwerken.

Auch wenn manche meinen, dies sei ja nur das „worst case“ Szenario und es werde in Wirklichkeit gar nicht so schlimm werden – ich kann da nur warnen. Die meisten Ausgaben sind bereits beschlossen und der zukünftige Gemeinderat wird auch seine eigenen „Duftmarken“ setzen wollen, was sicherlich mit weiteren Investitionen und Folgekosten verbunden ist.

Ob allerdings die Einnahmen wie geplant auf dem jetzigen hohen Niveau bleiben werden, das ist keinesfalls sicher. So schnell wie sich die Lage in Ulm nach 2009 zum Besseren gewandelt hat, kann es auch wieder in die andere Richtung gehen. Und dann summieren sich große Ausgaben und kleine Einnahmen zu Schulden in noch viel größeren Dimensionen.

Hier empfiehlt es sich, einen Rat des chinesischen Philosophen Konfuzius zu beherzigen: „Wenn sich Wohlstand einstellt, brauche ihn nicht vollständig auf.“

Dass es uns bei Einnahmen auf Rekordniveau nicht gelingt, unsere Schulden in viel größerem Maß abzubauen, sollte uns zu Denken geben. Selbst bei allerbester Konjunkturlage schaffen wir nur einen Überschuss im Ergebnishaushalt von 9 Mio. Euro. Dabei sollte unser Haushalt so ausgelegt sein, dass wir auch in schlechteren Zeiten – von wirklichen Krisenjahren mal abgesehen – ohne die Aufnahme von Krediten wenigstens einen ausgeglichenen Haushalt erzielen. Das wird so aber nicht zu schaffen sein.

Bei den Beratungen zum Haushalt gab es eine Diskussion, ob angesichts der guten Wirtschaftslage die Sozialausgaben nicht sinken müssten. Frau Bürgermeisterin Mann wandte ein, dass man aufgrund des demografischen Wandels auch bei niedriger Arbeitslosigkeit mit steigenden Kosten zu rechnen habe. Dies leuchtet erst einmal ein. Aber erlauben Sie mir, diesen Gedanken zu Ende zu führen. Gerade weil wir in Zukunft immer weniger Menschen haben, die mit Ihrer Arbeit für immer mehr Menschen Transferleistungen erwirtschaften müssen, ist es unabdingbar, die Kosten zu senken. Bereits jetzt ist die Belastung der Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen durch Steuern und Abgaben an der Grenze des Vertretbaren.

Angesichts dieser Entwicklungen kann man nur den Kopf schütteln über die in Berlin getroffenen Beschlüsse zur abschlagsfreien Rente mit 63 und zusätzlicher staatlicher Wohltaten.

Und auch hier am Ratstisch erliegen einige regelmäßig der Versuchung, weitere Ausgaben zur Beglückung der Ulmer zu fordern. Meist fällt dann der Satz „Hier müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen.“ Und die Bürger freut’s, unterliegen sie doch immer wieder der Fiskal-Illusion, d.h. sie erwarten zusätzliche staatliche Leistungen und vergessen, dass sie diese durch Steuern und Gebühren selber finanzieren müssen.

Doch nicht nur die finanziellen Aussichten stimmen mich nachdenklich.

Der kommunale Haushalt ist im Grunde die in Zahlen dargestellte Umsetzung eines Vertrages: der Übereinkunft aller Bürger, zum gegenseitigen Wohl eine Gemeinschaft zu bilden, in der wichtige Aufgaben gemeinschaftlich erledigt und die Lasten gerecht auf die starken und schwachen Schulten verteilt werden. Dem zugrunde liegt die Voraussetzung, dass alle, die in dieser Stadt leben, auch am Gemeinwohl interessiert sind.

Leider verabschieden sich immer mehr Menschen aus dieser Gemeinschaft. Ihr Interesse an städtischen Vorhaben erwächst oft erst dann, wenn eigene Interessen unmittelbar betroffen sind. Und dies gilt für alle Bereiche der Bevölkerung – von den sogenannten Eliten, die sich aufs Private zurückziehen und den Staat nur als lästigen Steuereintreiber wahrnehmen, bis hin zu denjenigen, die ihre Hauptenergie auf das Fordern nach immer mehr staatlichen Leistungen verwenden.

Ganz zu schweigen von den ideologischen Eiferern,  die sich jeden Tag neue Vorschläge zum Schutz besonderer Bereiche ausdenken. Der selbsternannte Schutzheilige ist jedoch in Wahrheit oft ein Scheinheiliger, der unter dem Deckmantel vorgeblicher allgemeiner Interessen nur seinen eigenen Vorteil versteckt.

Wo ist denn die echte Bürgerbeteiligung, der offene Diskurs über die Zukunft unserer Stadt? Die paar Menschen, die sich in Internetforen oder per Brief an die Lokalzeitung oder den Gemeinderat zu Wort melden, ist das etwa die allgemeine Öffentlichkeit?

Wenn es um echte Mitarbeit zum Wohle der Stadt geht, bleiben die meisten Menschen in Ulm leider stumm. Hier gibt es noch viel zu tun, um Engagement auch über die Wahrung von Individualinteressen hinaus zu fördern. Die nächstes Jahr anstehenden Gemeinderatswahlen bieten die Chance, mehr Bürger für eine aktive Beteiligung zu gewinnen. Nicht nur als Kandidat auf einer der Listen, sondern auch zur Teilnahme an Diskussionen zu Wahlprogrammen und zukünftigen Entwicklungen in Ulm. Demokratie lebt vom Mitmachen.

Und Themen – auch jenseits von strittigen Bauvorhaben – gibt es ja genug:

  • Wie gestalten wir die Inklusion von Menschen mit Behinderung, z.B. an den Schulen?
  • Wo setzen wir Schwerpunkte in der Kulturförderung?
  • Wie können wir Ulm als Internationale Stadt auch außerhalb der Verwaltung weiter entwickeln?
  • Wie gestalten wir Mobilität und wie lösen wir die vorhanden Probleme im Verkehr, zum Beispiel beim Neubau der Adenauer-Brücke, dem Bauprojekt mit dem wohl größten Konfliktpotential in der Zukunft. Hier begrüßen wir ausdrücklich, dass dieses Thema durch die Planungen des Staatlichen Hochbauamtes in Krumbach frühzeitig ins öffentliche Bewusstsein gerückt wurde.

Diese Themen werden voraussichtlich die Arbeit des nächsten Gemeinderates prägen. Wünschen wir daher dem neuen Rat und unserer Stadt, von Krisen verschont zu bleiben und die von uns auf den Weg gebrachten Investitionen ohne all zu große finanzielle Belastungen umsetzen zu können. Möge aus den goldenen Jahren für Ulm ein goldenes Jahrzehnt werden.

In diesem Sinne bedanken wir uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Arbeit und die stets vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit. Sie können zu Recht stolz auf sich sein. Auch den Damen und Herren hier am Ratstisch gilt unser Dank für die gemeinsame Arbeit, die im Wesentlichen von Kollegialität und gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, eint uns doch das gemeinsame Ringen um die bestmöglichen Entscheidungen zum Wohle der Stadt.

Ihnen Allen wünschen wir von der FDP-Fraktion nun frohe Festtage und einen guten Start in das neue Jahr.




Haushaltsrede 2013 von Dr. Bruno Waidmann, gehalten am 19.12.2012

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Herren Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

wir verabschieden heute einen sehr solide finanzierten Haushalt für das Jahr 2013. Dass dies auch in den vergangen Jahren so war, sollte nicht vergessen werden, denn es beweist, dass Gemeinderat und Verwaltung ihrer Verantwortung für unsere Stadt und die Zukunft unserer Bürger gerecht geworden sind.

Dafür danke ich allen Beteiligten und hoffe, dass auch in Zukunft dank niedriger Arbeitslosenzahlen und einer guten Konjunktur die finanziellen Spielräume der Kommunalpolitik genügend Gestaltungsmöglichkeit lassen.

Die Erträge werden mit 374,4 Mio. € die Aufwendungen in Höhe von 368,0 Mio. € überschreiten, sodass ein Gesamtergebnis von 6,4 Mio. € zur Schulden-Tilgung verwendet werden kann.

Die Schulden werden zwar 2013 mit 133 Mio. € angegeben, wenn wir aber die Rückstellungen (von Bürgermeister Czisch „Sparbücher“ genannt) für den Straßenbahnausbau, das Wirtschaftsinvestitionsprogramm und die diversen Kredite an unsere städtischen Gesellschaften und Töchter gegenrechnen würden, wäre die Stadt längst schuldenfrei.
Die finanziellen Reserven werden die Zinsbelastungen bei den zahlreichen und großen Investitionsprojekten- wie dem bereits erwähnten Straßenbahn-Ausbau der Linie 2 auf den Eselsberg und den Kuhberg, der weiteren Sanierung der B 10, dem Neubau als Ersatz für die Sedelhof Tiefgarage, der Sanierung der Schulen und städtischen Gebäude einschließlich eines eventuellen Neubaus für die Bürgerdienste – spürbar verringern.
Die Verwaltung wird bei den verschiedenen großen Bauvorhaben wie Straßenbahn, Sedelhöfe, Citybahnhof, Umbau der Karlstraße usw. durch umsichtige Planung und rechtzeitige Bürgerbeteiligung die lästigen und teilweise unangenehmen Begleiterscheinungen etwas abmildern können. Erfahrungen konnten ja beim Bau der „Neuen Mitte“ und bei der Sanierung der B 10 gemacht werden.
Oft sind es ja Kleinigkeiten, wie zum Beispiel der mit dem Handel abgestimmte Termin beim Abbruch der Sedelhof Tiefgarage.
Die Personalausgaben werden im nächsten Jahr die 100 Mio. € Grenze überschreiten –unter anderem durch notwendige Neueinstellungen im KiTa-Bereich-. Der Zuschuss für die Kinderbetreuung wird von 15,9 auf 22 Mio. € steigen, dazu kommen noch 12,8 Mio. € Investitionskosten im KiTa Bereich, wobei erfreulicherweise 2,3 Mio. € vom Bund kommen. Gerade bei der Kinderbetreuung zeigt die Stadt Ulm, dass sie nicht nur die gesetzlichen Vorgaben erfüllen will, sondern sich auch kinder- und familienfreundlich darum kümmert, dass Eltern, die arbeiten wollen oder müssen, dies auch können. Gleichzeitig soll durch eine soziale Staffelung der Beiträge die Belastung der Eltern nicht unzumutbar hoch sein.
Eine gute Kinderbetreuung ist auch ein wichtiger Standortfaktor für eine Universitäts-, Hochschul-, Wisssenschafts-, Industrie-, Handels- und Dienstleistungsstadt, die Neuansiedlung in allen Bereichen begünstigt, Arbeitsplätze erhält und neue schafft und damit die Zukunft der Stadt und seiner Bürger sichert.
Dass daneben noch andere Faktoren für eine Wohlfühlstadt wichtig sind, wie bezahlbarer Wohnraum, ein preiswertes Nahverkehrssystem, gute Schulen, ein vielfältiges Sport –und ein anspruchsvolles Kulturangebot, ist selbstverständlich.

Die Investitionskosten sind im Vergleich zu 2012 mit 77,0 Mio. € ca. 6 Mio. € niedriger angesetzt. Dies liegt daran, dass die Verwaltung zwar mehr Aufträge vergeben könnte, die Unternehmen diese aber nicht zu verantwortbaren Preisen oder in einer zumutbaren Zeit abarbeiten wollen oder können Noch ein Wort zum Wohnen in Ulm: Es ist erfreulich, dass die Studentenzahlen in Ulm jedes Jahr steigen, aber es wird leider für Studierende immer schwieriger, geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Zwar baut das Studentenwerk auf dem oberen Eselsberg zurzeit ein Studentenheim und auch private Investoren sind zum Teil aktiv, dies reicht aber bei weitem nicht aus, um den jetzigen und schon gar nicht den zukünftigen Bedarf an Wohnungen zu decken. Stadt, Universität und Hochschule sollten gemeinsam einen Aufruf an die Bürgerschaft starten, mehr Einliegerwohnungen zur Verfügung zu stellen oder an Ältere zu appellieren, Ihre z.T. großen Wohnungen für WGs anzubieten und für sich selbst die Vorteile kleinerer Wohnungen zu entdecken.
In anderen Städten wurde auch schon in nicht mehr benötigten Kasernen Wohnraum für Studierende geschaffen. Mit der Hindenburg-und der Bleidornkaserne hätten wir in Ulm auch eine interessante Option.

Nach einer Zeitungsmeldung vom 10.12. erhielten die Länder jährlich 518 Mio.€ vom Bund, um den sozialen Wohnungsbau zu fördern, wegen teilweise unsinniger und bürokratischer Auflagen kam von diesem Geld so gut wie nichts bei den Kommunen an. Besser wäre es, die Kommunen würden vom Bund und vom Land mit Geld unterstützt, mit dem sie in eigener Verantwortung den Wohnraum schaffen könnten, der benötigt wird. Wie dieses Geld dann eingesetzt würde, darüber kann man diskutieren. Ich bin der Meinung, dass eine individuelle Förderung besser wäre als eine pauschale. D.h., neben Wohnungen kommunaler und gemeinnütziger Wohnungsbauunternehmen sollten nach wie vor auf dem Markt auch Wohnungen zu Kostenmieten angeboten werden. Diese könnten bei einem Personenkreis, der sie sich eigentlich nicht leisten kann, durch Zuschüsse aus einem Wohngeldtopf ausgeglichen werden.
Ich denke dabei besonders an junge oder kinderreiche Familien, die sich dann besonders dort, wo Kindergärten und Schulen in der Nähe sind, niederlassen könnten.
Eine individuelle Mietunterstützung wäre auch eine Möglichkeit, die unerwünschte Ghettobildung zu vermeiden. Ein guter Ansatz scheint mir auch das sogenannte „Fellbacher Modell“ zu sein. Dabei treten Kommunen als Generalmieter auf, die Wohnungen zu einkommensabhängigen Mieten an Bedürftige untervermieten.
Das Thema Sauberkeit in der Stadt spielt bei den Haushaltsberatungen in jedem Jahr eine wichtige Rolle. Ich bin hier der Meinung: „Jeder kehre vor seiner eigenen Tür“. Laden- und Geschäftsinhaber ebenso wie Gastronomiebetriebe und Privatpersonen sollten ein großes Interesse an der Sauberkeit in ihrer Nachbarschaft haben und diese auch durch Blumenschmuck oder zweckmäßige Bepflanzung aufwerten.
Ich beobachte immer wieder, dass Kunden der Schnellimbissketten besonders zur Vermüllung der Stadt beitragen. Die Betreiber dieser Einrichtungen sollten ihre Kunden auf die empfindlichen Geldbußen hinweisen, die vom kommunalen Ordnungsdienst verhängt werden, wenn sie ihren Müll nicht ordnungsgemäß entsorgen.
Darauf sollte sich der KOD vielleicht mehr konzentrieren als auf die Verteilung von „Knöllchen“, die häufig unsere motorisierten Gäste verärgern.

Im Sommer 2012 wurde eine Kulturumfrage mit 10 000 Fragebögen in Ulm gestartet. 1641 konnten ausgewertet werden. Es war interessant zu erfahren, wie die einzelnen Kultureinrichtungen von der Stadtbibliothek bis zur Jungen Bühne im Alten Theater bekannt waren, genutzt und bewertet wurden.
Ich bin gespannt, wie die einzelnen Kultureinrichtungen auf diese Umfrage reagieren. Ich meine, dass bei den Angeboten und deren Vermarktung noch Verbesserungen möglich sind.
27,94 Mio. € ist dem Gemeinderat die Ulmer Kultur wert. Bei dem vielfältigen und meist guten, teilweise sogar sehr guten Kulturangebot kann man Ulm wirklich als Kulturstadt an der Donau bezeichnen.

Besonders angenehm aufgefallen sind folgende Beispiele:
Frau Dr. Holthuis, unsere neue Museumsdirektorin, hat mit der Ausstellung „Auf Augenhöhe. Meisterwerke aus Mittelalter und Moderne“ einen hervorragenden Start hingelegt und gezeigt, dass man mit bescheidenen finanziellen Mitteln, wertvollen Leihgaben und der Nutzung der eigenen Schätze Besucher begeistern kann, die sonst keine eifrigen Museumsgänger sind. Die Ausstellung hat überregionales Interesse geweckt und ist leider nur noch bis zum 6.1.2013 geöffnet. Wer sie noch nicht gesehen hat, sollte dies unbedingt nachholen.
In der Zeitung stand neulich: “Das Roxy segelt erstmals seit Jahren in finanziell ruhigen Gewässern. Soziokultur mit Zukunft.“ Frau Lachnit macht mit einem Labor für freie Gruppen, einer engeren Zusammenarbeit mit dem Ulmer Zelt und drei Musikreihen einen guten Job und wird 2012 wohl ausgeglichene Finanzen vorweisen können. Sie verdient dafür ein uneingeschränktes Lob.

„ask“ dieses Kürzel steht für Aicher-Scholl-Kolleg“. Frau Dr. Engels und Herr Dr. Lörcher bieten ein Orientierungsjahr für junge Erwachsene zwischen 17 und 26 Jahren, die einen Schulabschluss haben und sich eine Orientierungs- und Entscheidungshilfe und damit eine optimale Vorbereitung auf ein zukünftiges Studium erhoffen. Das Studienjahr gliedert sich in Trimester mit jeweils 9 Wochen von Oktober bis Juli, kostet 2.750.- € in 10 Monatsraten à 275.-€ und bringt garantiert mehr als Schafe hüten in Neuseeland. Ich finde die Idee, die das Leibniz- Institut in Tübingen als Vorbild hat, sehr gut und wünsche mir, dass dieses mutige Experiment gelingt.

Im Namen meiner Fraktion bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen am Ratstisch und bei Ihnen, Herr Oberbürgermeister, stellvertretend für alle Mitglieder der Verwaltung, für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit in diesem Jahr und wünsche Ihnen allen im kommenden Jahr Gesundheit, Glück und Erfolg.

Dr. Bruno Waidmann




Haushaltsrede 2013 von Erik Wischmann, gehalten am 21.11.2012

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

liest man den Vorbericht zum Haushaltsplanentwurf 2013, so erfährt man, dass die kommunalen Haushalte zum einen durch erhöhte Zuwendungen des Bundes entlastet werden, dieser Effekt aber vor allem durch immer weiter steigende Ausgaben im Sozialbereich wieder aufgehoben wird.

So gelingt es auch in Ulm trotz sprudelnder Gewerbesteuereinnahmen und einer immer noch erfreulich niedrigen Arbeitslosenquote nicht, deutliche Haushaltsüberschüsse zu erzielen, mit denen die noch vorhandenen Schulden weiter deutlich gesenkt werden können. Auch wenn hierbei besondere Aspekte, wie die Bildung von Rücklagen für kommende Investitionsprogramme eine Rolle spielen, erfüllt es uns doch mit Sorge, dass wir selbst in diesen glücklichen Zeiten für Ulm nur einen relativ geringen Schuldenabbau erreichen.

Denn die weiteren Aussichten sind keineswegs so rosig, drohen doch nach wie vor erhebliche Verwerfungen in der Globalwirtschaft durch die andauernde Finanz- und Eurokrise. Auch wenn die gegenwärtig niedrigen Zinsen es sehr verlockend machen, Kredite für kommende Investitionen aufzunehmen, sollten wir nicht in einen Investitionsrausch verfallen. Denn viele dieser Investitionen führen zu dauerhaften Belastungen im Ergebnishaushalt; und ob die erwarteten Erlöse bzw. immateriellen Gewinne für die Stadt wie erwartet ausfallen, ist keinesfalls immer sicher.

So lernen wie in diesen Tagen, dass die zunächst von den meisten so sehr begrüßte Energiewende eben nicht zu einer Stärkung der Stadtwerke führt, sondern diese aufgrund der komplexen, indirekten Effekte des Ausbaus der regenerativen Energie in den nächsten Jahren mit erheblichen Ertragseinbußen rechnen müssen und manche hoffnungsvolle Investition der Vergangenheit sich heute als verlustbringend darstellt. Hier erlebt die Verwaltung das, was die Wirtschaft schon seit langem beklagt: mangelnde Investitions- und Planungssicherheit.

Zudem gilt es, die vorhandene Infrastruktur zu erhalten und an vielen Stellen zu sanieren. Zugleich werden zur Zeit aber fortlaufend Ansprüche geschaffen, die eine dauernde Belastung unseres Haushalts auch in kommenden, schwierigeren Zeiten darstellen.

Insbesondere denke ich hier an eine immer mehr um sich greifende Mentalität, alles und jeden vor jeglicher Unbill zu schützen. Wir geben inzwischen immer mehr Geld aus, um die Auflagen für Brandschutz, Denkmalschutz, Umweltschutz, Lärmschutz, Tierschutz, Klimaschutz, usw. zu erfüllen. Von Parkschützern ganz zu schweigen. Auch private Investoren, z.B. im Wohnungsbau, sehen sich mit immer mehr kostspieligen Vorschriften konfrontiert. So sinnvoll und wichtig diese Themen sind, finde ich es doch bedenklich, wenn Regularien in diesen Bereichen zunehmend autark und ohne Betrachtung der finanziellen und gesamtwirtschaftlichen Folgen aufgestellt werden. Wer schützt uns eigentlich vor den Schützern?

Ich warne daher vor einer Wunschgesellschaft, in der man versucht die vielfältigen, oft rein egoistischen Wünsche einzelner vor das Gemeinwohl zu stellen. Denn dabei bleiben entweder bestimmte Gruppen – je nach politischem Gewicht – außen vor, oder es wird das Füllhorn ausgeschüttet, als ob das Geld auf den Bäumen wachsen würde. Und bei den Haushaltsberatungen kommt dann das große Erwachen und von Zeit zu Zeit eine Konsolidierungsrunde, die von allen Betroffenen mit großem Klagen begleitet wird.

Politischer Wunsch und finanzielle Wirklichkeit prallen hier aufeinander. Dies müssen wir den Menschen immer wieder klarmachen, sonst werden Erwartungen geweckt, die sich verantwortungsvoll nicht erreichen lassen.

Folgen wir doch lieber einem Zitat von Theodor Fontane: „Gib deinem Wunsch Maß und Grenze, und dir entgegen kommt das Ziel.“

Für die FDP-Fraktion wird dies jedenfalls Leitspruch für die anstehenden Haushaltsberatungen sein.

Ihnen, Herr Bürgermeister Czisch und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danke ich, auch im Namen meiner Fraktion, für die Vorlage der Entwürfe des Haushaltsplans 2013 und der Mittelfristigen Finanzplanung.

Erik Wischmann, FDP-Fraktion


Weitere Informationen:

  • Südwest Presse, 24.11.12 – Zitat des Tages von Erik Wischmann: „Wer schützt uns eigentlich vor den Schützern?“ (Der Ulmer FDP-Stadtrat zur Mentalität, immer mehr durch kostspielige Vorschriften zu regeln.)