Sehr geehrter Oberbürgermeister,
die aktuelle Flüchtlingswelle stellt die Kommunen in Deutschland vor völlig neuen Herausforderungen. Zunächst sei erwähnt, dass die FDP-Fraktion im Ulmer Gemeinderat die humanitäre Verpflichtung Deutschlands, die darin umfasste Rolle der Stadt Ulm, sowie die rechtliche Notwendigkeit zur Aufnahme und menschenwürdigen Unterbringung von Flüchtlingen uneingeschränkt anerkennt – allerdings sehen wir die Kommune in der aktuellen Lage nicht dazu befähigt dieser Aufgabe ausreichend gerecht zu werden. Die Kommunen sind aktuell stark belastet von verschiedenen Herausforderungen, wie beispielsweise die Nachwirkungen der Coronakrise und die Klimakrise, um nur einige zu nennen. In dieser Zeit der multiplen Krisen ist es unerlässlich, dass wir keine Handlungsoptionen unbenutzt lassen, wenn es um die Lösungsfindung einer so großen Herausforderung wie der Flüchtlingsunterbringung geht.
Die Kommunen sind die Haupterbringer der nötigen Leistungen, welche durch die Flüchtlingskrise auftreten, da sie die Unterbringung und Betreuung finanzieren und organisieren müssen. Dabei sind Arbeits- und Fachkräftemangel weitere Faktoren, welche kommunale Verwaltung wird, so empfindlich gelähmt und zusätzliche Kräfte sind kaum zu finden. Unser Eindruck ist, dass den anderen staatlichen Ebenen die Ernsthaftigkeit der Krise in den Kommunen bislang nicht hinreichend bewusst ist. Anders können wir uns die fehlende Unterstützung des Landes und Bundes nicht erklären. Die Städte gelangen deshalb in die missliche Lage, zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge verpflichtet zu werden, aber weder die finanziellen, organisatorischen, noch personellen Möglichkeiten zu haben, dies gesetzeskonform und menschenwürdig zu tun. Deshalb wollen wir, dass die Stadt Ulm in ihren kommunikativen Möglichkeiten in die Offensive geht und sich verstärkt um mehr Unterstützungen einsetzt auf dem Deutschen Städtetag.
Deshalb bitten wir Sie, als Vertreter der Stadt Ulm, im Deutschen Städtetag offensiv neue Forderungen um Unterstützung zu verlangen. Dabei darf der Staat nicht davor zurückschrecken, auch neue Wege zu gehen, wie beispielsweise der Einsatz der Bundeswehr, welche bereits in der Corona-Pandemie unterstützt hat, bzw. des Technischen Hilfswerks, um Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen zu erleichtern. Hier hätte der Staat ein wirksames Instrument, die Personalengpässe und plötzlich ansteigenden Bedarfe der Kommunen abzufedern und uns eine menschenwürdige Unterbringung und Betreuung von hilfsbedürftigen Flüchtlingen zu erlauben. Weiter muss die Stadt Ulm sich beim Deutschen Städtetag klar dafür positionieren, dass bürokratische Hürden – wie beispielsweise der Lärmschutz – bei der notwendigen Unterbringung von Flüchtlingen hinreichend flexibilisiert wird. Es ist uns nicht erklärbar, warum beispielsweise direkt neben dem Moco-Areal in Ulm seit Jahrzehnten zufrieden wohnen und ihren Alltag bestreiten, wir aber hier freie Flächen nicht für die notwendige Unterbringung von Flüchtlingen nutzen dürfen (wir verweisen auf unseren Antrag vom 05.02.2024). Während im Normalfall viele der bürokratischen Auflagen einen Sinn haben, dürfen sie uns in diesem Krisenfall nicht davon abhalten unsere Pflicht als Kommune zu erfüllen. Deshalb muss der Deutsche Städtetag verlangen, dass solche und weitere bürokratischen Auflagen in der aktuellen Notlage für die Unterbringung von Flüchtlingen flexibilisiert werden.
Zusammenfassend bitten wir die Stadt Ulm um:
- Eine neue, offensive Kommunikationsstrategie auf dem Deutschen Städtetag, womit sich eingesetzt werden soll,
- für eine Mobilisierung der Bundeswehr bzw. des Technischen Hilfswerk bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen.
- für eine Flexibilisierung bürokratischer Auflagen bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen.
Mit freundlichen Grüßen
Erik Wischmann, Ralf Milde, Wolfgang Stittrich
Fraktionsvorsitzender, Stv. Fraktionsvorsitzender, Stv. Fraktionsvorsitzender